Akkorde
Eine kleine Bauanleitung...
Akkorde sind so ein Thema, da könnte man nur einen Satz dazu schreiben oder ganze Bücher.
Ich versuche mal die wichtigsten Bereiche zu diesem Thema einigermaßen knapp und verständlich zusammenzufassen.
Überblick:
- Was sind Akkorde überhaupt?
- Aus was werden Akkorde zusammengesetzt?
- Wie erstellt man Dreiklänge?
- Was für Akkordtypen gibt es?
- Wie benenne ich Akkorde genau?
- Warum sollte ich das alles wissen?
Viele kennen sie nur als Punkte auf dem Griffbrett- Diagramm, was sehr schade ist, denn wenn man mal hinter die "Kulissen" der Akkorde schaut, eröffnet sich eine völlig neue Welt, die das Spiel auf ein ganz anderes Niveau hebt. Aber fangen wir mal von vorne an:
Was genau sind Akkorde überhaupt?
In einem Satz könnte man sagen:
"Wenn man mehr als 2 unterschiedliche Töne (Oktaven zählen hier als 1 Ton) gleichzeitig erklingen lässt, erhält man einen Akkord." *
So weit so gut. Dies ist aber ein sehr theoretischer Ansatz, der für die Praxistauglichkeit etwas präzisiert werden müsste.
Wie werden Akkorde zusammengesetzt?
Um einen sinnvollen Pool an Akkorden zu haben, die gut miteinander funktionieren, sollten wir zunächst einmal ein gemeinsames Fundament kreieren, auf das sich die Akkorde beziehen.
Und dieses Fundament nennt sich "Tonleiter". Wir suchen uns also eine Tonleiter, von der wir denken, dass sie perfekt zu unserem Song passt.
Standard ist hier Dur (ionisch) oder Moll (äolisch).
Aber Du kannst Dich natürlich austoben wie Du willst. Ob lydisch, harmonisch Moll, alteriert, Ganztonleiter, irgendeine japanische, indische oder indonesische Tonleiter oder ob Du Dir selber eine zusammenbastelst, ist im Prinzip egal.
Wenn dieses Fundament erst mal steht, geht es ans "harmonisieren", d.h. wir "basteln" uns Akkorde aus den Tönen unserer Tonleiter.
Wie bereits bei den Stufenakkorden erwähnt, erstellen wir dafür zunächst einmal die einzelnen Stufen. Das ist nichts weiter als das Durchnummerieren der einzelnen Tonleitertöne mit römischen Ziffern (meist von I bis VII), wobei Stufe I immer unser Grundton ist.
Wie oben schon gesagt brauchen wir für einen Akkord mehr als 2 verschiedene Töne.
Sprich: Wir brauchen mindestens Dreiklänge, um einen vollwertigen Akkord zu erhalten.
Wie erstellt man Dreiklänge?
Dreiklänge erhalten wir durch sogenannte "Terzschichtungen", d.h. wir packen auf den jeweiligen Ton der Tonleiter eine Terz drauf und dann obendrauf nochmal die Terz von der Terz.
Häh??
Klingt komplizierter als es ist. Die Terz von einem beliebigen Ton unserer Tonleiter ist immer die übernächste Stufe, also der übernächste Ton des Ausgangstones.
In der Praxis heißt das also, dass wir auf unseren Ausgangston den übernächsten Ton draufpacken (die Terz) und auf diesen Ton wieder den übernächsten Ton (die Terz von der Terz).
Bsp.:
Nehmen wir die normale C-Dur Tonleiter als Beispiel. Wir wollen jetzt die erste Stufe (I) harmonisieren.
Zur Übersicht erst mal alle Stufen aufgelistet:
I | II | III | IV | V | VI | VII |
---|---|---|---|---|---|---|
C | D | E | F | G | A | B** |
So, wenn ich die erste Stufe nun harmonisieren möchte, habe ich als ersten Ton den Ausgangston der ersten Stufe, also in diesem Fall unseren Grundton C.
Auf das C kommt die Terz, also der Ton der übernächsten Stufe, hier der Ton der III. Stufe, das E und da drauf nochmal die Terz von der Terz, d.h. der Ton der übernächsten Stufe, also der Ton der V. Stufe, das G.
Wir erhalten den Dreiklang: C - E - G, sprich: einen waschechten C-Dur Akkord und haben somit die I. Stufe harmonisiert.
Genauso funktioniert es mit den anderen Stufen. Die II. Stufe hat den Dreiklang D - F - A, die III. Stufe E - G - B, usw.
Nach dem selben Prinzip können wir auch einen Vierklang (auch Septakkord genannt) erzeugen, indem wir auf die letzte Terz einfach noch eine weitere Terz draufpacken.
Für die I. Stufe hätten wir dann C - E - G - B, für die II. Stufe D - F - A - C, usw.
Ich denke, das Prinzip sollte jetzt klar sein.
Hinweis:
Wer den Artikel über Intervalle gelesen hat, weiß dass die Stufen III, V und VII den Intervallen Terz, Quinte und Septime entsprechen.
Somit besteht jeder Dreiklang aus: Grundton - Terz - Quinte
und jeder Vierklang aus: Grundton - Terz - Quinte - Septime (daher auch Septakkord).
Das müssen wir wissen, um die Akkorde benennen zu können!
Jetzt geht es an das Analysieren, bzw. Benennen unserer Akkorde.
Was für Akkordtypen gibt es überhaupt?
Zunächst einmal klären wir die unterschiedlichen Akkordtypen. Die wichtigsten Grundtypen sind:
- Dur
- Moll
- Vermindert
- Übermäßig
- Sus-Akkorde
Diese lassen sich natürlich auf jede erdenkliche Weise erweitern und verändern, aber das sind so die Grundtypen.
Gehen wir alle mal kurz durch:
Dur und Moll Akkorde:
Dur und Moll sind die sogenannten "Tongeschlechter" und werden bestimmt durch die im Akkord vorhandene Terz.
Haben wir eine kleine Terz im Akkord (3 Halbtonschritte (HTS) vom Grundton) sprechen wir von einem Moll - Akkord (traurig/melancholischer Klang), bei einer großen Terz (4 HTS) von einem Dur - Akkord (fröhlicher Klang).
Verminderte und übermäßige Akkorde:
Ob wir einen verminderten oder übermäßigen Akkord haben, entscheidet die darin enthaltene Quinte. Bei einer verminderten Quinte (b5) haben wir einen verminderten Akkord, bei einer übermäßigen Quinte (#5) einen übermäßigen Akkord.
In der Regel sind verminderte Akkorde Moll - Akkorde und übermäßige sind Dur - Akkorde.
Beide Akkorde klingen relativ dissonant und werden oft als "Übergangsakkorde" benutzt.
Sus-Akkorde:
Wenn wir keine Terz in unserem Akkord haben, er also "geschlechtslos" ist, sprechen wir von einem Sus-Akkord.
"Sus" steht für "suspended" und bedeutet soviel wie "schwebend", was den Klang auch wunderbar beschreibt.
Meist wird die Terz entweder durch eine Sekunde ersetzt und wir erhalten dann einen Sus2-Akkord oder durch eine Quarte und erhalten dadurch einen Sus4-Akkord.
Und wie benenne ich jetzt Akkorde genau?
Nun, das Thema kann man leicht in die Extreme tragen, da es unzählige Möglichkeiten, Variationen und Regelungen gibt, Akkorde zu erweitern und zu verändern und dementsprechen können die Bezeichnungen manchmal skurrile Formen annehmen.
Lass uns daher mal beim musikalischen "Normalfall" bleiben.
- Also, das Grundgerüst eines Akkordes besteht aus: Grundton - Terz - Quinte beim Dreiklang und Grundton - Terz - Quinte - Septime beim Vierklang.
- Der Grundton des Akkordes gibt auch den Namen des Akkordes an, z.B. "A", gefolgt vom Tongeschlecht, welches uns die Terz verrät.
- Ist es eine kleine Terz erhalten wir "A-Moll" (wird meist "Am" abgekürzt), ist es eine große Terz, "A-Dur" (wird einfach mit "A" abgekürzt).
- Die Quinte wird im Akkordnamen nur erwähnt, wenn sie nicht "rein" ist, sprich wenn sie vermindert (b5) oder übermäßig ist (#5).
- Beim normalen Vierklang kommt noch die Septime hinzu. Eine kleine Septime wird mit "7" abgekürzt, eine große Septime meist mit "maj7" (Abk. für "major").
- Bsp.: Ein Akkord mit dem Grundton "A", einer großen Terz, einer reinen Quinte und großen Septime hat den Namen: "Amaj7".
Grundton "A" mit kleiner Terz, reinen Quinte, kleiner Septime? -> "Am7".
Grundton "A" mit kleiner Terz, reinen Quinte, großer Septime? -> "Am maj7"
Grundton "A" mit kleiner Terz, vermindeter Quinte, kleiner Septime? -> "Am7b5"
Falls Du Schwierigkeiten haben solltest, die Intervalle genau zu bestimmen, schau Dir den Artikel über Intervalle an.
Und warum sollte ich das alles wissen?
Jetzt wo Du weißt, wie Akkorde aufgebaut sind und benannt werden, kannst Du jede Menge damit anstellen.
Zum einen kannst Du Akkorde nun beliebig variieren! Angenommen Du spielst über ein Stück einen Am7 Akkord und die Gesangslinie betont an einer Stelle die kleine Sexte.
Um die Stelle zu unterstreichen könntest Du in Deinem Akkord die Septime nehmen und sie um 2 Halbtonschritte tiefer spielen, also eine kleine Sexte daraus machen und voilà, Du hättest einen Amb6 Akkord, der perfekt zur Gesangslinie paßt.
Zum anderen sind Akkordnamen keine "böhmischen Dörfer" mehr für Dich, da Du jetzt genau weißt, wie sie aufgebaut sind und was die ganzen Bezeichnungen zu bedeuten haben.
Dadurch kannst Du Dir selbst unbekannte Akkorde, die Du vorher noch nie gespielt hast, leicht selber zusammenbauen.
Außerdem kannst Du Dein Solospiel jetzt viel besser der Akkordfolge anpassen, weil Du weißt, welche Töne bei der Begleitung gespielt werden.
D.h. Du kannst z.B. Deine Licks und Arpeggios so anpassen, dass die farbgebenden Töne der Begleitung in Deinem Solo besonders betont werden und klingst dadurch viel professioneller, so als ob Du genau weißt, was Du tust.
* Es gibt auch 2-tönige Akkorde die trotzdem noch ihre "akkordische Funktion" erfüllen. Z.B. im Jazz, wo man manchmal die Quinte wegläßt oder auch den Grundton (z.B. weil er schon vom Bass gespielt wird).
** Ich benutze übrigens auf Revolution Guitar die internationale Schreibweise für die Noten, d.h. das deutsche "H" ist hier "B" und das deutsche "b" ist hier "Bb" ("Bi flat" oder manchmal auch gerne "Bes" genannt).
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